Ehemalige Vegetarierin, leidenschaftliche Jägerin, heutige Augenöffnerin: Warum manche Frauen in keine Schublade passen und das gut so ist
Wer Alena in den Medien sieht, mag auf den ersten Blick denken: „Hui, attraktive Frau! Dann geht sie auch noch jagen! Passt ja alles prima zusammen!“
Ja ja, von wegen. Große Täuschung!
Klar, Alena ist 29 Jahre jung und sie ist Jägerin. Aber vor allem ist sie eine Frau, die ihr Leben darauf ausgerichtet hat, Menschen für einen bewussteren Umgang mit Natur und Tier zu sensibilisieren. Die Jagd ist dabei für die junge Frau so etwas wie ein Ausgangspunkt für eine persönliche Lebensweise, die sich mit den Ursprüngen beschäftigt: Wie leben wir? Wie essen wir? Wie gehen wir miteinander um? Wie gehen wir mit (Nutz-) Tieren um? Und: Wie können wir manches eben auch (wieder) besser machen?
Alena ist u.a. Gründerin und Herausgeberin des Online Magazins www.wirjagen.de, und veröffentlichte vor kurzem das umfassende Kochwerk „Wild kochen!“. Immer wieder ist Alena in den vergangenen Jahren in den Medien zu sehen, um hier den Standpunkt einer modernen und zeitgemäßen Jagd zu vertreten.
Wir sprachen mit Alena, um mit ihr über eine der dringendsten Fragen zu sprechen: Verantwortbare Bezugsquellen von Fleisch. Die Jagd tut sich hier als eine mögliche Quelle unweigerlich hervor: Haltung? Gibt es nicht, die Tiere leben frei in ihren Habitaten.
Doch Jagd ist eben auch nicht gleich Jagd. Alena gilt als eine der reflektiertesten und damit angenehmsten Ansprechpartnerinnen, wenn Du Dich ehrlich damit beschäftigen möchtest, ob die Jagd als Bezugsquelle für Dein Fleisch und Deine Fleischprodukte von morgen in Frage kommen.
Weidefunk
Alena, Du warst in den vergangenen Jahren vermehrt in den Medien zu sehen: Süddeutsche, Stern & Co. zeigten sich interessiert am Thema „Jagd“. Was glaubst Du, passiert da gerade in der Gesellschaft – warum diese aufgebrandete Neugierde auf die Jagd?
Alena
Ich glaube, dass sich in den letzten, sagen wir, 10 Jahren, ein erhöhtes Bewusstsein für Ernährung und Konsum entwickelt hat. Bedingt durch immer mehr Informationsquellen, ist es heutzutage kaum noch möglich, sich nicht mit der Thematik zu beschäftigen.
Gab es früher nur ein paar wenige Zeitungen, gibt es heutzutage zig Zeitschriften, Blättchen, Radiosender, Podcasts, Social-Media-Kanäle und Fernsehsender, die über alles mögliche „informieren“. Mal besser, mal schlechter… Somit fingen, meiner Meinung nach, vor allem Frauen an sich mit dem Thema „wo kommt mein Essen und spezieller: mein Fleisch her?!“.
Haltungsbedingungen wurden öffentlich diskutiert und kritisiert. Alles schrie nach mehr Tierwohl, Lebensqualität und Transparenz. Um zur Jagd zurück zu kommen:
Wenn ich mich mit dem Thema Fleischbeschaffung auseinandersetze und mir verschiedene Quellen angucke, komme ich früher oder später auch auf die Jagd.
Wildfleisch ist meiner Meinung nach die natürlichste, nachhaltigste und nachwachsende Fleischquelle, die es gibt. Mehr Bio geht nicht, sagen mein Freund und ich immer. Dass die Jagd nun auch immer weiblicher wird, weil gerade Frauen sich viel mit der Thematik Ernährung beschäftigen und darüber auf den wilden Geschmack kommen, ist für Medien natürlich interessant. Junge Frauen, die Tiere töten, ein Schlagzeilenhit, würde ich sagen. 😉 (Anmerkung der Redaktion: Jupp (-: siehe hier.)
Weidefunk
Bleiben wir noch bei den Medien. Du hattest ja auch eine Anfrage von einem großen Privatsender aus Unterföhring, als Vertreterin der Jagd mit einem Vertreter der Tierrechtsorganisation von PETA zu diskutieren. Du lehntest ab; welche Gründe hattest Du?
Alena
Ja, kurz vor dieser Anfrage hatte ich ja gerade eine Diskussion mit einer PETA-Aktivistin bei Diskuthek von Stern TV gedreht. Ich habe also kein Problem damit, mich einer Diskussion zu stellen und auch keinerlei Bedenken dabei mit vernünftigem und sachlich fundiertem Wissen aufzutreten, aber genau da war der Haken bei der oben genannten Anfrage: Es sollte reißerisch, extrem provokativ und vor allem unter der Gürtellinie ablaufen.
Auf meine Aussage und Bitte hin, dass ich gerne dabei bin, aber nur wenn es ohne Beleidigungen, Drohungen und auf einer sachlichen Ebene abläuft und mir das leider nicht bestätigt wurde, musste ich das Ganze leider absagen.
Ich finde es sowieso falsch, dass ich mich dafür rechtfertigen muss, Fleisch zu essen, dann aber noch öffentlich beleidigen lassen – nein, da hört es bei mir auf.
Mit einigen Menschen kann man einfach nicht diskutieren und ich würde in dem Moment der Jagd in der Öffentlichkeit keinen Gefallen tun und genau das versuche ich seit ein paar Jahren.
Weidefunk
Du stehst als Person ja mit Haut und Haaren für eine Ausübung der Jagd, die viel mehr ist als nur Hobby: Lebenseinstellung – und Einstellung zur fleischlichen Ernährung. Zu Recht: Die Jagd gilt als eine der ursprünglichsten Arten der Fleischgewinnung: Woran liegt es Deiner Meinung nach, dass die Menschen vielfach aber immer noch vor dieser „Fleischquelle“ zurückschrecken?
Alena
Ich denke, weil sie schlechte Erfahrungen gemacht haben und häufig gar nicht wissen, was „Wild“ eigentlich ist. Erschreckenderweise kann kaum einer ein Reh von einem Stück Rotwild unterscheiden, oder ein Hase von einem Kaninchen!
Dann kennen sie Wild meist nur aus der herbstlichen und winterlichen Küche und das ist nicht unbedingt die beste Jahreszeit um in Restaurant Fleisch zu essen. Häufig, NICHT immer, werden hier die brunftigen und rauschigen Stücke verarbeitet, die aufgrund der Paarungszeit einen extremen Eigengeschmack haben, den viele eben als Wildgeschmack abspeichern.
Dabei gibt es gar nicht den Wildgeschmack, denn wie auch Kuh, Huhn und Schwein, schmecken Taube, Hase, Rotwild und Wildschwein alle unterschiedlich. Zudem herrschten früher noch andere Hygienevorschriften.
Heutzutage ist höchste Sauberkeit, Hygiene und transparente Verarbeitung ein absolutes Muss. Zudem kommen natürlich noch die Probleme, wo bekomme ich das Fleisch und wie bereite ich es zu. Dabei sind die beiden „Probleme“ einfach zu beheben. Meist kennt man doch irgendeinen Jäger im Bekanntenkreis, der einem was besorgen kann oder man schaut auf dem Wochenmarkt. Und was die Zubereitungsfrage angeht: Behandeln, kochen und braten Sie Wildfleisch wie jedes andere Fleisch auch.
Weidefunk
Anheimgestellt, dass es ja nicht nur die „gute“ Jagd gibt, sondern sich auch schwarze Schafe im Geschäft „Jagd“ tummeln: Was rätst Du Menschen, die Wildbret, also Fleisch von Reh, Wildschein & Co. kaufen wollen, worauf sie sorgfältig achten sollten?
„Wenn Wild, kein Gatterfleisch!“
Ganz wichtig: kein Gatterfleisch, weder aus Deutschland und noch viel schlimmer, schon gar nicht aus weitentfernten Ländern wie Neuseeland! Gerade in Discountern, aber auch hochwertigen Supermärkten wird häufig Wildfleisch aus anderen Ländern verkauft, das hat dann nichts mit dem zu tun, was wir hier unter Wild verstehen, von dem ökologischen Fußabdruck mal abgesehen. Je privater ein Etikett oder die Verpackung aussieht, desto sicherer können Sie sein, dass Sie gutes Fleisch kaufen.
Weidefunk
Wenn Du heute vor einer Schulklasse von 12- und 13-jährigen Schülerinnen und Schülern stehen würdest – welche Bezugsquellen von Fleisch und auch Milch würdest Du ihnen ans Herz legen wollen – also über die Jagd hinaus? Worauf sollten sie achten und dies auch ihren Eltern weitergeben?
Alena
Ich bin der Meinung, dass man viel weniger und damit auch bewusster jegliche Tierprodukte essen sollte. Man braucht nicht jeden Tag ein Steak oder Wurstprodukte. Wenn also alle etwas bewusster konsumieren würden, wäre viel getan. Sowohl für die Tiere, als auch die ganze Umwelt.
Ich selber kann jedem nur raten, Fleisch und andere tierische Produkte von regionalen Anbietern zu kaufen. Da wo die Hühner frei draußen rumlaufen können, Kühe und Schweine Tageslicht sehen und Weidegang genießen können und Puten nicht in Käfige gesperrt sind.
Ein paar Euro mehr, für viel mehr Lebensqualität der Tiere, die wir essen oder nutzen, ist finde ich ein angebrachter Deal, den jeder mitfühlende Mensch, bedenkenlos eingehen kann!