Milch: Die weisse, harmlose Flüssigkeit
Das war unsere Ausgangsfrage, die Svenja (PROVIEH e.V.), Sarah Albertz (Lehrerin an der Hauptschule in Coesfeld) und ich diskutiert haben. Wir alle waren da nicht allzu optimistisch, muss ich zugeben. „Milch“ – das ist doch die harmlose weisse Flüssigkeit.
So zumindest denkt ein Großteil der Bevölkerung. Und ganz ehrlich – wenn Du Dich nicht aktiv mit diesem Thema beschäftigst, kannst Du auch gar nicht wissen, was hinter den Kulissen der Milchindustrie so abgeht. Und vor allem: Was Du da eigentlich gegen machen kannst, wenn Du nicht vegan leben willst oder auch kannst.
Das Schulexperiment
Also entschieden wir, ein Experiment zu starten. Unsere „Experimentierklasse“ findet sich auf der Kreuzschule in Coesfeld, und Sarah ist ihre Klassenlehrerin. Die Kids hier sind zwischen 13 und 14 Jahren jung, die meisten von ihnen essen „normal“. Was hinter der Milch für das Frühstücksmüsli oder der Käse-Sahne-Soße am Mittagstisch steckt, wissen die wenigsten von ihnen.
Erste Doppelstunde: Sensibilisieren
Am 06. November ging es mit der ersten Doppelstunde los. Auf dem Unterrichtsplan von Sarah und mir standen Punkte, bei denen ich schlucken musste. Denn Sarah wurde deutlich:
„Inga – die meisten von den SchülerInnen wissen nicht, wo Milch herkommt! Da müssen wir erstmal ansetzen!“
Also führten wir in die wesentlichsten Punkte ein:
- Wo kommt Milch her?
- Was sind die Hintergründe, damit eine Kuh überhaupt Milch gibt?
- Was für Milchen gibt es?
Vorsichtig sensibilisierten wir für den wichtigen Punkt: Wenn eine Kuh Milch gibt, kann das Kalb diese Milch nicht trinken. Denn dann bleibt für gewöhnlich zu wenig für den Menschen. Die ersten Gesichter wurden ernst, viele SchülerInnen verstanden, was das für die Kälber bedeutet.
Ihr Hausaufgabe für nächstes Mal bestand dann darin, zu folgenden unterschiedlichen Milchen Punkte wie Preise, Zusammensetzung aber auch Tierhaltung, Kälberaufzucht usw. zu recherchieren:
- H-Milch
- Vollmilch
- Landmilch
- Biomilch
- Heumilch
- Bergbauernmilch
Zweite Doppelstunde: Hart, aber mit gutem Ausgang
Die zweite Doppelstunde am Freitag, den 13. November stellten die SchülerInnen ihre Recherchen vor. Und die Kernaussage wurde deutlich: Je besser die Milch und je humaner die Kuh- und Kälberaufzucht, desto transparenter die Kommunikation und desto mehr Informationen fanden die SchülerInnen überhaupt zu den Milchen. Ja, die Industrie ist gut in der Werbesprache. Aber nicht im Zeigen der Realität.
Folgend ging es dann in eine kleine Impulspräsentation, bei der mir zweimal die Stimme versagte. Es ist der einzige Abschnitt innerhalb unseres kleinen Lehrplans, in dem wir die SchülerInnen auch mit Bildern konfrontierten. Ich stellte den ganz normalen „Lebenszyklus“ einer Milchkuh und eines Kalbes – sowohl weiblich als auch männlich – vor. Das war hart, ich kann es nicht anders sagen. Aber Sarah und mir war wichtig, eines ganz deutlich rüberzubringen:
Ja – so läuft es in der gängigen Milchindustrie extrem viel schief. Aber: Es gibt die Menschen und damit die Betriebe, die es ehrlich besser machen und den Tieren ein gutes Leben schenken wollen!
Anna erzählte live vom Gefühlsleben der Kühe und Kälber
Und damit waren wir an unserem ersten Etappenziel: Den SchülerInnen zu zeigen: Du musst nicht zum Veganer werden, Du kannst auch jetzt schon etwas tun. Indem Du auf die Menschen schaust, die nicht in der Werbung präsent sind, aber die eingenommenes Geld eben wirklich für die Tiere einsetzen. Zur Unterstützung und Freude der SchülerInnen schalteten wir dann live Anna dazu, die Landwirtin, die mich am meisten bislang geprägt hat.
SchülerInnen packen an: Patenschaftsprojekte
Diesen Freitag den 20. November unterrichtet Sarah allein, da Lioba und ich uns auf den Weg zu einem Milchviehbetrieb machen, der konsequent Muttergebundene Kälberaufzucht macht. Am Freitag, den 27. November, werden wir mit Bildern, Videos und der Geschichte von Astrid, die diesen Hof leitet, dann zu der Klasse zurückkehren und unser gemeinsames Praxisprojekt in Angriff nehmen:
Es gibt die Betriebe, die ihre Tiere wesensgerecht halten – Mutter und Kind dürfen hier zusammen aufwachsen. Und sie schaffen es mit Hilfe von cleveren Ideen wie den Patenschaften. Also werden wir gemeinsam mit den SchülerInnen genau diese Idee unterstützen! Wie?
Darauf dürft Ihr gespannt sein (-: Wir berichten natürlich darüber und werden Euch die Ergebnisse zeigen!
Zugang zum Lehrplan ohne erhobenen Zeigefinger
„Go vegan“ oder „Sei weiter für die Qualen in der Milchindustrie verantwortlich“ ist nach unserer Erfahrung kein Weg, den der Großteil der SchülerInnen gehen wollen und werden. Das ist der Grund, warum wir mehr Alternativen bieten wollen, neben einer Aufklärung, die nicht zum Abschalten verleitet, sondern wirklich zum Hingucken und Fühlen. Wir wollen die SchülerInnen ob der Größe des Problems nicht hilflos werden lassen, sondern ganz im Gegenteil zeigen: Ihr könnt was tun!
Hallo!
Ich habe mit großer Freude Ihren Artikel gelesen und bin hellauf begeistert!!! Das spricht meine Seele an und da ich Lehrerin bin, werde ich mich unbedingt bei Weidefunk melden, um dies in meiner Schule auch umzusetzen!!!
Echt klasse!! es ist soooooo wichtig, dass die Menschen endlich aufwachen und umdenken und anders handeln und weiterleben.
Ganz großes Lob !!!!
Viele liebe Grüße
Melanie Haastert
Liebe Melanie,
das freut uns riesig! Hab lieben Dank für dieses supernette Feedback!
Unbedingt, mach das, und wenn Du Support brauchst, melde Dich gerne bei mir und uns (redaktion@weidefunk.de).
Lieber Gruss, Inga