EinStückLand wächst und gedeiht ein gutes Stück mehr
Hinrich Carstensen. Im Norden ist der Name zur Marke geworden. Zusammen mit Lina Kypke gründete er 2017 den Online Shop „EinStückLand“ und sagte damit dem Label-Dschungel um „mehr Tierwohl“ oder „mehr Platz im Stall“ die transparentere und handfestere Alternative an. Das junge Pärchen bietet den professionellen Online-Versand von Fleisch aus Weidehaltung. Mit direktem Kontakt zum Landwirt. Du kriegst, was Du bestellst, ohne schönmachendes Marketing-Chichi.
Was braucht man mehr?
Nun, die Beiden wollten irgendwann doch mehr. Einen stationären Hofladen zum Beispiel. Und ein Restaurant. Grund genug für uns, den Herzblut-Unternehmer Hinrich Carstensen vor Ort zu treffen und uns das alles mal zeigen zu lassen (unsere ehemaligen Gespräche findet Ihr hier).
So wächst man nordisch-nachhaltig: Dem Online Shop folgen Speisekammer und Esszimmer
Später Nachmittag: Direkt an einer Landstraße in Kayhude (Schleswig-Holstein) gelegen, blicken wir bewundernd auf ein stattlich-uriges Gebäude, das uns förmlich einlädt, hineinzukommen. Verstärkend kommt Hinrich dazu, der uns an der Tür begrüßt.
An der Segebergerstrasse, im Nirgendwo könnte man meinen, haben sich die Beiden einen Traum erfüllt: Neben einem Hofladen namens „Speisekammer“ im vorderen Teil des Gebäudes, wurde im hinteren Teil ein großzügiges à la Carte-Restaurant mit dem klangvollen Namen „Esszimmer“ eröffnet. Alles läuft unter der Marke „EinStückLand“ und vertritt sogleich deren Versprechen: tiergerecht hergestellte Produkte, regionale und saisonale Spezialitäten. Also alles, was das verantwortungsvolle Herz begehrt.
„Hier macht keiner spontan ne Vollbremsung und zieht links rüber!“
Die Marke ist auch der Grund, warum Hinrich und Lina nicht mit großen Augen hoffen müssen, dass sich jemand hierhin verwirrt. „Hier macht keiner spontan ne Vollbremsung und zieht links rüber!“ Lacht Hinrich. Ganz im Gegenteil sind die beiden Unternehmer im Norden zu einer Prominenz geworden. Man fährt bewusst zu ihnen und kauft hier ein. Und sei es, weil man einfach nur mal die „Beiden aus dem Fernsehen live“ sehen möchte.
Talk über Beziehung und Erfolg. Und warum es doch manchmal einen „Schlechte-Laune-Aufnehmer“ braucht
Wir sitzen mit Hinrich an einem großen Tisch und plaudern über die Entwicklungen der letzten Monate. Von außen betrachtet, könnte man meinen, liefe es bei Hinrich stets wie geschnitten Brot: Klar, man macht einen Online Shop auf, wird zu VOX Höhle der Löwen eingeladen, der NDR hat ein neues Lieblingsmotiv in seinen abendlichen Sendungen .. aber so leicht ist es eben nicht.
„Wie das bei uns gelaufen ist,
ist sowas von nicht normal!“
Im Gegenteil steckt unbändig viel Arbeit hinter der Marke EinStückLand, die irgendwie auch nie so richtig fertig zu sein scheint. Der gut besuchte Hofladen und das 34 Gäste fassende Restaurant sollen jetzt noch durch eine kuschelige Lounge erweitert werden. Immer am Rödeln, die beiden Nordlichter…
„Ja, natürlich, wir arbeiten schon rund um die Uhr. Und manchmal kracht es eben auch mal kräftig!“ Hinrich und Lina haben sich an einem Abend kennengelernt, sind direkt zusammengezogen und haben kein halbes Jahr später eine GmbH miteinander gegründet. „Wie das bei uns gelaufen ist, ist sowas von nicht normal!“ schmunzelt Hinrich kopfschüttelnd.
„Seit kurzem haben wir einen Schlechte Laune-Aufnehmer“, witzelt Hinrich und deutet zum Sofa, auf dem ein kleiner streuner-ähnlich aussehender Hund sitzt und die Wärme genießt. Er kommt aus Rumänien und darf hier bei Lina und Hinrich die Vergangenheit in Vergessenheit geraten lassen.
„Weißt Du, ich bin Bauingenieur, arbeite super strukturiert. Und die Ansprüche stellst du dann schnell an alle anderen!“ Hinrich hat ein paar Hüte auf dem Kopf, keine Frage: Presse, Akquisition und Koordination der Landwirte, Social Media, Website, Photo, Film .. die Liste ist lang. Erst seit 3 Monaten lässt er sich von Mitarbeitenden, bspw. im Social Media, unter die Arme greifen.
Der Wandel kommt: „Viele Menschen vertrauen Discountern nicht mehr!“
Derzeit streiten sich die Gemüter. Die einen sind miss gestimmt, halten Klimadiskussion, Nachhaltig & Co. für einen Trend. Die anderen glauben an die Rückbesinnung auf alte Werte: auf „Gutes“ und ehrlich produziertes Handwerk. Hinrich ist so einer.
„Klar, es wird immer Menschen geben, die günstig einkaufen. Aber weißt Du was? Viele vertrauen Discountern eben nicht mehr!“ Und es sind genau die Menschen, die sich zu Angeboten wie denen von EinStückLand hinwenden. Hinrich lässt sich die Vermarktung von keinem vorschreiben:
„Es ist wichtig, dass wir so über unsere Produkte, Landwirte und Prozesse informieren, wie wir es für richtig halten: Nämlich 100% transparent!“ Damit spielt er auf die Gleichmacherei in den Lebensmitteleinzelhandel an, in denen unzählige Produkte in einer großen Masse untergehen. Hier den Finger drauf zu halten und seine eigene authentische Handschrift zu wahren, ist eben auch einer der Haupterfolgsfaktoren der beiden nordischen Unternehmer.
Was dürfen Andere von diesem Erfolg lernen?
Landwirte – entdeckt Euren Event-Charakter oder schließt Euch einem starken Netzwerk an
„Die Kunden verlieren heute zu schnell die Lust, wenn die nicht sofort alles finden.“
Hinrich arbeitet eng und vertrauensvoll mit seinen Landwirten zusammen. Obwohl er selbst Quereinsteiger ist („Wusste damals noch nicht mal, was ein Rumpsteak ist!“), weiß er heute um die Notwendigkeit von Landwirten, sich zu vermarkten. Viele Landwirte, die z. B. einen Hofladen eröffnet haben, haben sich nicht selten mehr davon erhofft. Hier findet der Jungunternehmer klare Worte und Tipps:
- „Konzentrier Dich darauf, was Dein Aushängeschild ist, was Dein Produkt besonders macht!“
- „Dann schau, wie willkommen sich Dein Hofladen zeigt: Traut man sich da eigentlich hinzufahren, oder ist der so versteckt im Hof, dass der Kunde das Gefühl hat, illegal Privatgrundstück zu betreten?“
- „Produkte ohne Preise sind ungünstig: ich will doch nicht nachfragen was es kostet“!
- „Und ganz wichtig: Wie ist die Anbindung? Lohnt sich da eher ein Online Versand statt Verkauf über den Hofladen?“
Je abgelegener der Hofladen liegt, desto mehr müsse ins Marketing gesteckt werden. Die Menschen wollen laut Hinrich heute nicht mehr nur einen Hofladen sehen, sondern unterhalten werden! Das Mindeste ist das Gespräch mit dem Landwirt, mal will schnacken. Und es gelte: je weiter die Menschen zu einem Hofladen rausfahren, desto höher muss der Event-Faktor sein: Tiere sehen und anfassen, mit dem Landwirt sprechen, ausführlich alles anschauen. Das gehöre heute dazu.
„Und eine Internetseite gehöre heute einfach dazu. „Ganz schwierig – so Bestelllisten, die man als Kunde im Internet erst ausdrucken, dann ausfüllen, dann lossenden muss… Ganz ehrlich: Die Kunden verlieren heute zu schnell die Lust, wenn die nicht sofort alles finden.“
Wer auf all das keine Lust hat, sollte sich auf das Unterfangen „Hofladen“ gar nicht erst einlassen. Oder sich eben einer Vermarktungsplattform wie EinStückLand anschließen. Die Pflege der ca. 2000 Kunden wird hier von Hinrich und Lina übernommen, der Landwirt ist dann der Lieferant, der zu fairen Preisen in eine transparente Wertschöpfungskette eingebunden ist und an ihr teilhat.
Tierschutz + Naturschutz + Artenvielfalt: Die nächste Stufe der Beiden wartet in den Startlöchern. Und Du kannst mitmachen.
Am frühen Abend, kurz vor Dämmerung, fahren wir raus in die Moorlandschaften von Schleswig-Holstein. Hinrich will uns die riesigen Weiden der Galloways und ein besonderes, noch junges Projekt zeigen. Wir steigen in den Pick Up, ich darf den Schlechte-Laune-Aufnehmer als wärmendes Bündel auf meinem Schoß halten.
„Wir sind zwei Personen, die einfach hinter der Sache stehen, und das hier durch und durch leben. Hätten wir das in dieser Konsequenz nicht geschafft, wären wir heute eine Online Seite wie jede andere.“ Dass sie dies nicht sind, daran herrscht kein Zweifel. Und woran erkennt man am deutlichsten und schönsten den Erfolg von jemanden?
Er hilft anderen.
Die Blühwiese
So haben Hinrich und Lina sich entschlossen, einen bestimmten Betrag jedes Fleischpakets in ein Projekt zur Förderung von Blühwiesen fließen zu lassen. Wer mehr darüber erfahren will, findet hier ein nettes Filmchen dazu:
Hier gelangst Du zur Website des unterstützungswerten Projektes.
EinStückLand schreibt seine Erfolgsgeschichte weiter und lehrt allen Unkenrufen zum Trotz, wie aus kleinen Bewegungen ernsthafte Stimmen am Markt werden können.
Hinrich, herzlichen Dank für die tolle Zeit, unsere offenen Gespräche und für all Eure Projekte und Planungen halten alle weidefunkerInnen die Daumen gedrückt!